Adelheid-Popp-Weg

Der Adelheid-Popp-Weg ist eine der vielen Straßen in Linz, die man nur kennt, wenn man dort wohnt! Der 150 m lange Fußweg befindet sich in der GWG-Wohnanlage in Auwiesen.

Spannend und Mut machend ist die Geschichte von Adelheid Popp, die als 15. Kind einer Arbeiterfamilie zur Welt kam und nach 3 Jahren Schule im Alter von 10 Jahren arbeiten gehen musste. Sie überstand das alles nicht nur, sondern arbeitete stets an ihrer Weiterbildung und wurde bald durch ihr Engagement für Gleichberechtigung in allen Teilen der Monarchie bekannt.

Als sozialdemokratische Abgeordnete zum Nationalrat hielt sie im April 1919 als erste Frau eine Rede im Parlament.

Adelheid Popp wurde am 1869 in Inzersdorf als jüngste Tochter und 15. Kind des Webergesellen Adalbert Dwořak und der Hilfsarbeiterin Anna, die beide aus Böhmen stammten, geboren.

Nach dem Tod des gewalttätigen Alkoholikers Adalbert Dwořák, blieb die sechsjährige Popp mit ihrer damals 51-jährigen Mutter und drei älteren Brüdern zwischen 13 und 18 Jahren zurück. Ausreichend Geld durch Fabriks- und vor allem Heimarbeit zu verdienen, um Unterkunft und Essen zu haben, hatte oberste Priorität. Selbst die Jüngste musste mitarbeiten, die im Geburtsjahr von Popp eingeführte Schulpflicht wurde umgangen, um maximale Arbeitsleistung aus der Familie herauszuholen. Ihre Mutter kam dafür kurzfristig ins Gefängnis, was außer ihrer Empörung über die „Schande“ der Verhaftung aber keine Folgen hatte – im Gegenteil. Popp brach nach nur drei Jahren die Schule gänzlich ab und zog mit ihrer Mutter nach Wien. Dort fand sie Arbeit in einer Bronzewarenfabrik. Die Arbeitsbedingungen, denen sie dort ausgesetzt war, waren so katastrophal, dass sie schließlich einen Zusammenbruch erlitt, der längere Krankenhausaufenthalte notwendig machte. Körperliche Entbehrungen, dauernde Überanstrengung, sexuelle und andere Übergriffe am Arbeitsplatz und in einer beengten Wohnsituation setzten dem jungen Mädchen zu.

Nach weiteren kurzfristigen Anstellungen in einer Metalldruckerei, einer Patronenfabrik, einer Kartonagenfabrik, bei einem Schuhfabrikanten, bei einer Fransenknüpferin und noch bei vielen anderen Berufen kam sie 1884 in einer Korkfabrik unter, in der sie schließlich sogar zur Kontoristin aufstieg und die sie 1892 verließ, um die Schriftleitung der „Arbeiterinnen-Zeitung“ zu übernehmen.

Die notwendige Resilienz, all das zu überstehen, gab ihr das Lesen – über Groschenromane kam sie zu Klassikern und schließlich zu politischen Schriften.

1886 hielt sie ihre erste Rede vor führenden Sozialistinnen und Sozialisten, Jakob Reumann, Friedrich Engels, August Bebel und nicht zuletzt Viktor Adler gehörten in den folgenden Jahren zu ihren Unterstützern. Ab 1890 sprach sie bei zahlreichen nationalen und internationalen politischen Veranstaltungen, bei denen die von Zeitgenossinnen und Zeitgenossen als lebhaft und gewinnend beschriebene Rednerin viele Leute nachhaltig beeindruckte.

Ihr erstes Werk „Die Jugendgeschichte einer Arbeiterin von ihr selbst erzählt“ mit einem Vorwort von August Bebel, veröffentlichte sie zuerst anonym, erst im Vorwort zur dritten Auflage 1910 legte Popp ihre Identität offen. Sie selbst erklärte darin, es gehe ihr darum, „zahlreichen Arbeiterinnen Mut zu machen“.

Adelheid Popp war von der Hilfsarbeiterin zur politischen Elite aufgestiegen. Dabei hatte sie sich von einer radikalen Oppositionellen mit anarchistischen Tendenzen zur Mittlerin zwischen den Fronten der Partei sowie zur Augenzeugin und Chronistin der Geschichte entwickelt, die – auch aufgrund ihrer gekonnten Taktik von Appell, Angriff und Kompromiss –  Österreichs erster Berufspolitikerin speziell für Frauenfragen wurde.

Im März 1919 zog sie als eine von sieben Sozialdemokratinnen in den Nationalrat ein und blieb bis 1934 Abgeordnete. Im April 1919 hielt sie als erste Frau eine Rede im Parlament. Im Nationalrat setzte sich Popp vor allem für Frauenrechte ein: Sie forderte Gesetzesänderungen für die Reform des Wahl-, Ehe- und Arbeitsrechts, die Verbesserung der Bildung für Frauen, brachte Anträge für die Abschaffung des Doppelverdienergesetzes und die Abänderung der Abtreibungsparagrafen ein. Eines ihrer Hauptanliegen war die Verbesserung des Hausgehilfinnengesetzes.

1933 zog sie sich langsam aus gesundheitlichen Gründen aus der aktiven Politik zurück und verbrachte viel Zeit im Krankenhaus – so auch während der Februarkämpfe 1934, was sie vor einer Inhaftierung durch die Austrofaschisten bewahrte.

Zum Zeitpunkt ihres Todes, fast ein Jahr nach dem Anschluss am 7. März 1939, erschienen lediglich eine Handvoll Nachrufe, beinahe ausschließlich in der österreichischen Exilpresse. So viel über ihre Jugend und politische Frühzeit geschrieben wurde, so wenig ist über ihre letzten Jahre nach dem Rückzug aus der Politik bekannt. Popp versuchte noch aus dem Krankenbett, weiterhin ihre internationalen Netzwerke aufrechtzuerhalten und wurde dabei von ihren Freundinnen unterstützt.

 

Forderungen, die sie zu ihren Lebzeiten nicht durchsetzen konnte, bildeten lang nach ihrem Tod die Grundlage für Gesetzesänderungen (zum Beispiel die „Fristenlösung“ und Reform des Eherechts). Überdies ist die Stimme der eloquenten Agitatorin in Form einer dreieinhalbminütigen Rede für die Nationalratswahl im November 1930 erhalten und kann in der Österreichischen Mediathek nachgehört werden:

Wahlrede Adelheid Popp zur Nationalratswahl 1930

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Scroll to Top